Die perfekte Bewerbung, Einleitung

Wertvolle Tipps aus 3 Jahren Bewerbungscoaching

In einer mit diesem Artikel beginnenden Reihe stelle ich Ihnen praktisch mein ganzes Wissen aus meiner Zeit als Jobcoach unentgeltlich zur Verfügung. Hier erfahren Sie alles, was Sie zur Erstellung einer perfekten Bewerbungsmappe wissen müssen. Arbeitsblätter und Word-Vorlagen gibt es zum freien Download. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Informationen zu diesem Thema im Internet erstens schwer zu finden, zweitens widersprüchlich und drittens meist falsch sind. Deshalb gebe ich Ihnen zuverlässige Tipps, mit denen Sie Ihre Bewerbung so gestalten können, dass Sie aus der Masse heraussticht.

Die Themen der einzelnen Artikel:

  1. Vorbereitung
  2. Stellenangebote richtig lesen: Abgleich Anforderungs- und Kompetenzprofil
  3. Lebenslauf und Foto
  4. Anschreiben
  5. Zeugnisse
  6. Bewerbungsmappe und Deckblatt
  7. E-Mail-Bewerbung
  8. Vorbereitung des Bewerbungsgesprächs

Ihre Chance: Die Fehler der anderen

In meinen Jahren als Bewerbungstrainer habe ich mehrere hundert Arbeitsuchende vom Helfer bis zum promovierten Akademiker während des ganzen Prozesses von der Stellensuche bis zur Unterzeichnung des Arbeitsvertrags begleitet. Das eigentlich erschreckende Fazit: Von 100 Lebensläufen, die die Kunden mitbrachten, waren vielleicht fünf gerade einmal akzeptabel und höchstens einer gut. In der ganzen Zeit ist mir nur eine Bewerbungsmappe untergekommen, die ich als hervorragend bezeichnen würde. Selbst die Bewerbungsunterlagen, die Kunden aus einem früheren Bewerbungstraining mitbrachten, waren teils schockierend schlecht.

Das ist Ihre Chance! Eine Bewerbung muss eben nicht schön bunt und mit originellen Ideen gespickt sein, wie viele denken – es sei denn, Sie bewerben sich als Designer. Für den durchschnittlichen Bewerber ist weniger hier mehr. Schlicht, aber nicht langweilig und inhaltlich wie auch formal korrekt, und Sie können zuversichtlich sein, dass Ihre Mappe ganz oben auf dem Stapel des Personalers landet.

10 Bewerbungstrainer, 11 Meinungen

Natürlich ist mir klar, dass vieles rund um dieses Thema schlichtweg Geschmacksfrage ist. Die Zeiten, wo klar vorgegeben war, wie ein Lebenslauf aufgebaut sein muss, sind schon lange vorbei. Wer jedoch nun meint, er könne nun bei der Bewerbung seiner Individualität verspielt Ausdruck verleihen, wird vermutlich enttäuscht werden. Jeden meiner Tipps werde ich klar dahingehend kennzeichnen, ob es sich um ein absolutes Muss handelt oder um eine individuelle Richtlinie. Meine Empfehlungen sind mit Erläuterungen versehen, warum sie so und nicht anders lauten. Jeder kann sich dann selbst ein Bild machen, ob er ihnen folgen möchte, oder nicht. Allerdings behaupte ich, dass Sie zumindest keinen Fehler machen, wenn Sie meinen Hinweisen folgen. Ich behaupte nicht, dass man es nicht anders und noch besser machen kann.

Nehmen Sie sich die Zeit

Eine Bewerbung zu verfassen, ist für die meisten eine recht mühselige Sache. Ist ja auch ganz klar, denn wer hat denn schon Übung auf dem Gebiet? Schon im Vorfeld muss man sich jede Menge Gedanken darüber machen, was man will, was man kann, wer man ist und wie man das in ansprechender Form zu Papier bringt. Ist der Lebenslauf und das erste Anschreiben dann einmal fertig, wird die nächste Bewerbung zwar ein wenig einfacher, dennoch ist keine Bewerbung wie die andere, es sei denn, die Stellenbeschreibung ist praktisch dieselbe.

Sofern alle erforderlichen Daten verfügbar waren, erforderte die Anfertigung eines Lebenslaufes im Schnitt 1,5 Stunden, bei Akademikern vielleicht 2-3 Stunden. Für das erste Anschreiben noch einmal die gleiche Zeit, die Folgebewerbungen waren in 30-60 Minuten fertig. Wenn Sie keine Übung haben, werden Sie vermutlich anfangs deutlich mehr Zeit benötigen. Doch die Investition lohnt sich. Vorgefertigte Textbausteine, aus einem mittelmäßigen Bewerbungsratgeber zusammengestückelt, erkennt der Personaler sofort.

Die passende Stelle finden

Denn ich gehe davon aus, dass Sie die für Sie wirklich passende Arbeitsstelle finden wollen, also eine Beschäftigung, in der Sie Ihre Begabungen möglichst voll entfalten können und mit der Sie Ihren Lebensunterhalt auf eine angenehme Weise verdienen können. Wenn Sie nur irgendeinen Job suchen, der Ihnen die Miete bezahlt, brauchen Sie nicht weiterzulesen.

Den für Sie passenden Arbeitgeber können Sie nur finden, wenn Sie sich erstens möglichst authentisch darstellen, sich also nicht verstellen, und zweitens Ihre Fähigkeiten und Begabungen gut zur angebotenen Stelle passen. Diese Information in eine schriftliche Bewerbung zu komprimieren, ist die Herausforderung, der wir uns hier stellen.

Voraussetzung: sich selbst kennen

Dazu müssen Sie natürlich zunächst einmal genau wissen, was Sie können und wo Ihre Ziele liegen. „Natürlich weiß ich das!“ werden Sie jetzt vielleicht innerlich ausrufen. Doch spätestens, wenn Sie im Bewerbungsgespräch gefragt werden, was Ihre drei größten Stärken und Ihre drei größten Schwächen sind, und wo Sie sich in 5 oder 10 Jahren sehen, zeigt sich sofort, wie gut Sie sich wirklich kennen. Auswendig gelernte Standardantworten werden Ihnen nämlich nicht wirklich weiterhelfen.

Viele meiner Kunden waren wohl am dankbarsten für die Möglichkeit, sich in Workshops und beim Coaching einmal eine Zeit lang nur mit ihren Begabungen, Wünschen und Zielen beschäftigen zu können. Die wenigsten Menschen nehmen sich Zeit dafür, ohne unter dem Druck zu stehen, sich Gedanken darüber zu machen. Also: Je detaillierter Sie Ihre fachlichen wie auch persönlichen Kompetenzen kennen und je besser Sie darüber Auskunft geben können, umso höher sind Ihre Erfolgschancen. Hierzu mehr im nächsten Artikel.

Oberstes Gebot: Prägnanz

Man sagt, der durchschnittliche Personaler würde sich mit einer Bewerbung im Durchschnitt maximal 2-3 Minuten beschäftigen – nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass pro Stellenangebot nicht selten mehrere hundert Mappen auf seinem Schreibtisch landen.

Tipp: Versetzen Sie sich in die Lage des Lesers Ihrer Bewerbung

Folglich kann ich gar nicht oft genug betonen: So viel Information wie nötig, aber so wenig wie möglich! Damit der Empfänger in dieser kurzen Zeit neugierig auf Sie wird, muss er Ihre interessantesten Vorzüge möglichst auf einen Blick erkennen können. Unerfahrene Bewerber erliegen oft der Versuchung, zu viel Information in der Mappe anzuhäufen, da sie ja gerne ein möglichst vollständiges Bild von sich vermitteln wollen. Hingegen ist Mut zur Lücke angebracht, denn Ihren potentieller Arbeitgeber interessiert weder Ihr 25 Jahre altes Grundschulzeugnis, noch Ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Vorsitzender Ihres Philatelie-Vereins, wenn Sie sich als Busfahrer bewerben.

Um also wirklich nur die für diese eine spezielle Bewerbung wesentlichen Informationen prägnant zusammenzufassen, müssen Sie folglich 1. Ihre eigenen Fähigkeiten und Vorzüge gut kennen und auch ausdrücken können und 2. wissen bzw. herausfinden, welche Kompetenzen Ihr zukünftiger Arbeitgeber von Ihnen erwartet.

Zweites Gebot: Makellosigkeit

Eigentlich sollte man denken, dass eine in Form und Erscheinungsbild makellose Bewerbungsmappe eine Selbstverständlichkeit ist. Meine Erfahrungen diesbezüglich belegen leider das Gegenteil. Details zur Zusammenstellung der Bewerbungsmappe gebe ich in Teil 6 dieser Reihe. Hier schon einmal vorab das Wichtigste:

  • Alles muss aussehen wie nagelneu. Nichts wiederverwenden, wenn man Abnutzungsspuren erkennen kann (Mappe, Foto, Zeugniskopien etc.)
  • Kein Wechsel der Papierqualität innerhalb der Mappe (außer Zeugniskopien)
  • Sauberkeit: keine Flecken, Kratzer o. ä.
  • Sauberer Ausdruck, am besten mit Laserdrucker
  • Einheitliches Layout, also z. B. kein Wechsel der Schriftart oder -größe von Anschreiben zu Lebenslauf
  • Todsünde Rechtschreibfehler. Mappen mit Fehlern werden zu allererst aussortiert.
  • Todsünde: Falsche Firmennamen, falsch geschriebene Namen von Ansprechpartnern.

Lassen Sie jemand anderen Korrektur lesen, denn für die eigenen Fehler ist man oft blind, selbst bei mehrfacher Überprüfung.

Drittes Gebot: Beziehungsebene herstellen

Ein weit verbreitetes Missverständnis bei Bewerbern ist, dass sie glauben, hauptsächlich aufgrund ihrer fachlichen Kompetenzen bzw. ihrer Berufserfahrung eingestellt zu werden. Dies ist eine sträfliche Fehleinschätzung, die sich z. B. in Bewerbungsanschreiben niederschlägt, wenn der Bewerber die Darstellung seiner persönlichen Eigenschaften (der sog. Soft Skills) vernachlässigt oder gar völlig unterlässt. »Das klingt so nach Selbstbeweihräucherung.« ist der Standardeinwand, den ich häufig zu hören bekam. Nun, vermutlich werden Sie kaum einen Job als Kampfjetpilot bekommen, wenn Sie bisher bei Burger King die Fritten gemacht haben, doch die Wahrheit ist folgende: Selbst wenn Sie fachlich perfekt passen, bekommen Sie den Job trotzdem nicht, wenn der Arbeitgeber Sie nicht riechen kann.

Ich behaupte, dass mindestens 80% der Entscheidung über Ihre Einstellung über die Beziehungs- und nicht die Sachebene laufen. Will heißen: Wenn Sie auf Ihrem Bewerbungsfoto unsympathisch daherkommen, wandert Ihre Mappe in den Eimer. Sieht man Ihrer Bewerbung an, dass Sie nicht mit Herz geschrieben wurde → Eimer. Gefällt dem Personaler die Farbe Ihrer Mappe nicht → Eimer. Das ist einer der Gründe, warum ich allen Bewerbern rate, einen persönlichen Kontakt herzustellen, noch bevor die schriftliche Bewerbung ‚rausgeht. Denn das ist schon die halbe Miete, da es in Schriftform am allerschwierigsten ist, Resonanz auf Beziehungsebene herzustellen.

Also: Geben Sie Ihrer Bewerbung Seele. Drücken Sie genau das aus, was Sie wirklich sagen wollen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Seien Sie ehrlich, aufrichtig und möglichst authentisch – der Empfänger wird diesen Aufwand zwischen den Zeilen lesen können.

Noch Fragen?

Vermutlich wird mir beim Schreiben nicht auf Anhieb alles Wichtige sofort einfallen, daher werde ich die Artikel kontinuierlich erweitern. Zögern Sie also nicht zu fragen, wenn etwas fehlen sollte. Ich werde mich bemühen, diese Reihe so vollständig wie möglich zu gestalten.

Zum nächsten Artikel: Teil 1: Vorbereitung

© 2016 Björn Klug

Schlagwörter: ,

2 Kommentare to “Die perfekte Bewerbung, Einleitung”

  1. Hallo Björn, ich bin sehr gespannt auf Deine Beispiele aus der Praxis. Wie wichtig findest Du die Fotos? Ich habe schon häufig beobachtet, wie Chefs Bewerbungsmappen nach Fotos sortiert haben. Wer unsympathisch aussah – was ja höchst subjektiv ist – oder schlechte Fotos oder Passfotos angeheftet hatte, hatte weniger Chancen von vornherein. Traurig aber wahr.

    • Auf Fotos werde ich ausführlich beim Thema Lebenslauf eingehen. Schon einmal vorab: Ich halte es für unklug, ein schlechtes oder sogar kein Foto mitzuschicken, auch wenn das in anderen Ländern (gerade wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes) schon längst Standard ist. Die Realität bei uns ist, dass der Bewerber sich selbst benachteiligt, wenn er kein Foto mitliefert. Man stelle sich den Personaler vor, der 500 Mappen auf dem Tisch hat und nun erst mal 400 davon im Schnellverfahren aussortieren muss. Welche Kriterien wird er wohl dafür ansetzen?

      Deshalb ist eine makellose Mappe einfach so wichtig. Wer von uns kann denn aufrichtig von sich behaupten, er würde nicht persönliche Vorlieben in die Bewerberauswahl einfließen lassen?

Hinterlasse einen Kommentar